Dies hier ist ein Service-Beitrag für alle, die es interessiert, wie so eine “Stiefkind-Adoption” genau abläuft. Ich habe ja bereits darüber geschrieben, wie es zur Gründung unserer Regenbogenfamilie kam und hier auch schon darauf hingewiesen, dass die Rechtslage für uns als zwei Mütter weiterhin sehr unbefriedigend ist. Eine Reform des Abstammungsrechts ist mittlerweile immerhin in Planung1, aber bis es ein neues Gesetz gibt, wird es sicherlich noch dauern.
Vielleicht ist es also für manche interessant oder hilfreich, zu lesen, wie das Ganze bei uns ablief:
1. Rechtliche Beratung / Elternvereinbarung
Sicher kein Muss, für uns aber wichtig war die Vereinbarung, die man mit dem Samenspender2 schließt, wenn dieser nicht anonym ist. Das kann man schon in der Schwangerschaft machen. Es ist umstritten, wie es mit der rechtlichen Verbindlichkeit eines solchen Dokuments aussieht, aber klar ist auch, dass es besser als nichts ist. Es lag uns daran, dass wir Punkte wie den Verzicht auf das Sorgerecht, aber auch eine Vereinbarung bezüglich eines Umgangsrechts im Streitfall schriftlich festhielten.
Unterlagen & Kosten:
Leider zu spät stellten wir fest, dass es beim LSVD3 tolle Mustervorlagen für eine solche Vereinbarung gibt. Da hätten wir uns wohl im Grunde auch das Geld für die Rechtsanwältin (stolze 725€) sparen können, wenn wir uns hier fundiert eingelesen hätten. Dazu kamen noch die Kosten für das Notariat, das waren knapp 200€.
2. Antrag:
Frühestens 8 Wochen nach der Geburt kann die nicht-leibliche Mutter die Adoption beantragen. Das haben wir auch sofort gemacht, bei einer Notarin, die uns hierfür von der Anwältin empfohlen worden war, bei der wir die Vereinbarung mit unserem Spender aufgesetzt hatten.
Unterlagen & Kosten:
Ehe- und Geburtsurkunden (bzw. beglaubigte Abschriften davon) werden vom Gericht nicht benötigt (hierfür haben wir 23€ umsonst bezahlt). Vielmehr wird eine Abschrift aus dem Ehe- und Geburtenregister verlangt, die man kostenpflichtig online beim Standesamt / Urkundenstelle bestellen kann (20€). Diesbezüglich wurden wir von unserem Notariat falsch informiert, bei Gericht wurde uns gesagt, dass das oft passiert. Geburts- und Eheurkunde reichen aber nicht aus, man kann ja mitterweile geschieden oder verstorben sein.
Hier kann man den Prozess nochmal um ein paar Wochen beschleunigen, wenn man die Abschriften schon parat hat.
Der Antrag geht übers Notariat ans Gericht, wir haben hierfür 83€ bezahlt.
3. Jugendamt
Bereits 7 Wochen nach Antragstellung erhielten wir Post vom Jugendamt. Wie wir schon wussten, muss die adoptierende Mutter einen Lebensbericht schreiben. Dank des Austauschs mit anderen über die Facebookgruppe des Regenbogenfamilienzentrums wussten wir in etwa, was da gewünscht war. Die Sachbearbeiterin vom Jugendamt bestätigte am Telefon, dass ein Umfang von etwa 1-2 Seiten erwartet wird. Bei uns waren es dann 2,5 Seiten – wir schreiben eben gern. Wir haben allerdings keinen 10-seitigen Bericht mit Fotos geschrieben, den wir mit Kaffee beduftet haben – auch von dieser charmanten Idee haben wir in der Facebookgruppe gehört. So oder so kann man auch diesen Bericht schon vorbereiten und so noch einmal Zeit sparen.
Wenn der Lebensbericht aussagekräftig genug ist, muss die annehmende Mutter nicht noch im Jugendamt vorsprechen, sondern es wird gleich ein Termin zum Hausbesuch ausgemacht. Der Besuch fand bei uns ziemlich genau 5 Monate nach Geburt statt und war ein sehr angenehmes Ereignis, obwohl wir vorher schon sehr nervös waren (und die Wohnung nie so aufgeräumt und sauber wie an diesem Tag). Die nette Dame vom Amt saß hier bei Tee und Keksen, arbeitete ihren Fragebogen ab, und versicherte uns, dass dies ihre Lieblingstermine seien, da es ja immer um absolute Wunschkinder ginge. Am Schluss war sie traurig, dass das Baby eingeschlafen war, sie hätte sich ja noch gern verabschiedet… und betonte, dass auch sie sich wünschte, die Rechtslage würde sich ändern. Auch wenn sie diese Art von Terminen dann vermissen würde.
Sie hatte dann vier Wochen Zeit, ihrer Gruppenleitung einen Bericht vorzulegen, der dann ans Gericht ging. Dieses hat wiederum 4 Wochen zur Bearbeitung.
Unterlagen & Kosten:
Die nicht-leibliche Mutter muss den ca. 2-seitigen Lebensbericht verfassen. Das Jugendamt bekommt des Weiteren die Erlaubnis, Auskünfte über die Annehmende einzuholen. So muss z.B. das Einkommen der vergangenen 12 Monate nachgewiesen werden.
Außerdem braucht man eine erweiterte Meldebescheinigung sowohl von der Annehmenden als auch vom Anzunehmenden.
Kosten: 5€ pro Dokument. Auch dies kann man bereits vorab beantragen, wenn man Zeit sparen will.
4. Gerichtstermin
Bei uns ging der komplette Vorgang wirklich schnell – unser Sohn war noch keine 7 Monate alt, als wir den Anhörungstermin beim Amtsgericht hatten. Wir stellten uns das sehr förmlich vor, doch es waren nur 5 Minuten Smalltalk im Büro des Richters, der uns sofort versicherte, dass er uns die Adoption schriftlich bestätigen würde. Auch er drückte seine Hoffnung auf die Änderung des Abstammungsrechts aus und war uns sehr wohlgesonnen.
Unterlagen & Kosten
Die annehmende Mutter muss mit dem Kind vor Gericht erscheinen und sich natürlich ausweisen.
Kosten tut das nichts, außer Zeit.
5. Adoptionsbeschluss
Fun fact: Der Beschluss wurde uns exakt an dem Tag zugesandt, an dem unser Sohn 7 Monate alt wurde. Hiermit ist es dann amtlich und rechtswirksam.
Unterlagen & Kosten
Kosten entstehen keine, allerdings gibt es natürlich Folgekosten:
wir müssen neue Geburtsurkunden (12€ / Stück) beantragen, in der wir nun beide als Eltern stehen, außerdem ändert sich in unserem Falle der Nachname unseres Sohnes, sodass wir auch einen neuen Kinderreisepass (13€) brauchen.
Resümee:
Der Vorgang ist unnötig und belastend (und durchaus auch kostenintensiv) für die ganze Familie – für das Kind ist es schließlich unbestritten nur von Vorteil, wenn es statt nur einem Elternteil von Geburt an zwei hat. Noch dazu ändert sich an der Lebenssituation ja nichts, egal ob mit oder ohne Adoption.
Des Weiteren ist es höchst kritisch zu sehen, dass man in dem Prozess private/intime Details in solchem Umfang preisgeben muss. Welches heterosexuelle Paar, das ein Kind bekommt, muss dem Staat solche Einblicke in das Privatleben gewähren?
Hier in München wird einem jedoch immerhin mit viel Wohlwollen und Akzeptanz begegnet, das war eine schöne Erfahrung – außerdem ging es schneller als man uns prophezeit hatte. Und nun sind wir drei auch ganz offiziell das, was wir schon immer waren: eine Familie!