Blues.

Es ist dunkel. Kalt. Ungemütlich. Die Jahreszeit allein ist es aber nicht. Generell geht es mir zwar meist Ende Januar/Anfang Februar so, dass ich den Winter satt habe. Bis Weihnachten ist der Winter ja noch in Ordnung, da wird das mit den vielen Lichtern, der festlichen Stimmung und dem Glühwein abgefedert. Im letzten Dezember waren jedoch schon die Lichter gedimmt, die Stimmung verhalten und der Glühwein draußen verboten.
Der Januar brachte dann Schnee und somit noch die Winterfreuden Schlittenfahren und Schneemann bauen.

Doch nun ist Februar und auch wenn gerade neuer Schnee kommt, hab ich den Blues. Nicht nur den Winter-, sondern auch den Corona-Blues. Natürlich ist das ein Blues auf hohem Niveau: wir haben ein Dach überm Kopf, unsere Existenz ist gesichert, es sind in unserem nächsten Umfeld alle gesund, und wir kriegen dank Elternzeit und Teilzeit auch die Kinderbetreuung hin.

Trotzdem merke ich gerade, wie anstrengend die letzten Monate waren. Das kann auch damit zusammenhängen, dass gerade mein letzter Monat Elternzeit losging. Ein Monat, den ich gern schon in Dezember genommen hätte, denn wäre es nach der Vor-Corona-Planung gegangen, hätten wir diesen Monat gern alle zusammen bei der Familie in England verbracht.

Nun ist alles anders, ich gehe aus ziemlich verrückten, intensiven und vollen Zeiten im Job relativ Knall auf Fall in Elternzeit. Physisch wechsle ich nur den Raum, vom Kinderzimmer-Büro ins Wohnzimmer quasi. Psychisch schaut es anders aus. Da komme ich von einer Informations- und Emailflut und hoher Videokonferenztaktung mit Kinderlachen und -geschrei im Nebenraum (Homeoffice sei dank) in die reine Kinderbetreuung, das ist auf ganz andere Art anspruchsvoll.

In meiner ersten Elternzeit habe ich schon gemerkt, dass ich nicht das Kinderbespaßungs-Muttertier bin. Ich liebe meine Kinder über alles und verbringe meine Zeit am liebsten mit meiner Familie, aber ich brauche dazu einen Ausgleich, um mich nicht völlig und direkt lähmend unproduktiv zu fühlen.

Gerade bin ich dankbar für eine Pause von der stressigen Arbeit, das ist gar keine Frage, aber der Februar in einem Lockdown-Deutschland mit einem Kleinkind und einem Baby ist dafür nicht gerade geschaffen. Viel mehr als Spazierengehen ist ja nicht drin, bis man die Kinder dafür allein schon angezogen hat, vergeht eine gefühlte Ewigkeit (Windelwechsel-Wrestling beim 11-Monatigen und Toilettengang sowie Wutanfälle beim Zweijährigen eingerechnet). Das Baby kann noch nicht laufen, ist also draußen entweder im Kinderwagen “gefangen” oder robbt durch den Dreck (und isst diesen auch), das Kleinkind will natürlich keine Handschuhe tragen, muss sich dann zwischen Bobbycar, Buggyboard (Geschwistersitzvorrichtung am Kinderwagen, von uns Easy Rider genannt) und der Watschelente entscheiden – und natürlich darüber, ob es zum Spielplatz, zur Baustelle, zum Züge schauen oder zur Winkekatze im Schaufenster des Teeladens geht. Bis man um zwei Straßenecken gegangen ist, vergeht locker mal eine halbe Stunde. Ja, das kann man alles natürlich auch achtsam erleben, aber manchmal nervt es einfach nur.

In all dieser achtsamen Kinderzeit kommt man nämlich so gut wie gar nicht zum Haushalt, wenn man nicht riskieren mag, dass die Kinder irgendetwas anstellen oder sich wehtun. Da man aber ja die ganze Zeit zu viert zu Hause ist, dank Corona, sieht es hier auch entsprechend aus. Ständig ist man am Essen herräumen, wegräumen, Spülmaschine ein- und ausräumen. Selbst wenn man sich das Kochen spart und mal ein Take-Away-Essen holt, bleibt einem das schmutzige Geschirr. Vom Boden wollen wir mal gar nicht reden, da müsste man im Grunde täglich kärchern dank der Esskünste der Kleinen.

Die Kontaktbeschränkungen nehmen wir schon seit Beginn sehr ernst und sehen indoors somit nur meinen Vater und seine Partnerin. Was zur Folge hat, dass wir die meiste Zeit eben nur zu viert sind. Zum Glück verstehen wir uns immer noch gut, aber natürlich fehlen die Außenkontakte. Und auch die Zeit als Paar. Man holt sich ja in diesen Zeiten auch keine*n Babysitter*in ins Haus, dank Ausgangssperre um 21 Uhr würde das auch sowieso wenig bringen.

Der ältere Sohn war nun seit zwei Monaten (wieder) nicht mehr in der Krippe und man merkt, wie es ihm fehlt. Einziger Kinder-Bezugs-Punkt ist sein kleiner Bruder und leider klappt das mit dem Nachahmen in der falschen Richtung: So passiert es des Öfteren am Tag, dass auch er durch die Wohnung robbt und “Dadada” ruft. Uff.

Alles in allem kann man also sagen, dass ich mit der Gesamtsituation unzufrieden bin. Nach fast einem Jahr Pandemie ist das aber vielleicht auch in Ordnung. Was es braucht (neben Highlights) sind Hoffnungsschimmer am Horizont. Diese zeichnen sich vielleicht auch schon so langsam ab: Die Inzidenz in München pendelt gerade zwischen 40-45. Die Kitas werden irgendwann in den nächsten 2-4 Wochen wieder in den Regelbetrieb gehen, die Impfungen haben begonnen (in England wurde die Schwiegermutter schon zum ersten Mal geimpft und sitzt mit Sicherheit nach der zweiten Spritze im Flugzeug nach Deutschland) und der Frühling wird irgendwann kommen. Wie gut, dass die Tage gerade trotz allem schnell vergehen… und dass ich nicht alleine bin in dem Ganzen. Schließlich sorgen die Kinder auch für ganz viele Glücksmomente – und meine Frau ist und bleibt mein Fels in der Brandung.

Außerdem gibt’s noch Musik- mein momentanes absolutes Lieblingslied (von Alice Phoebe Lou) hänge ich hier noch dran. Wie schreibt jemand in den YouTube-Kommentaren: “It’s smooth, it’s pink, it’s gay, Alice has short hair, it’s amazing.”

Oh, she told me she gets lonely
When the sky changes from day to night
That’s when her demons come say hey
Dusk is always harder for my baby
So I told her not to be afraid
That I’d think of her at that time of day
So I think about when her eyes light up
I think about when her eyes light up
The world
The whole wide world
But the world don’t matter
When we’re looking at each other

Alice Phoebe Lou – Dusk

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